Veronika Eberhart
Ursula Hübner
Eröffnung:
So, 18. Oktober 2020,
15:00 – 19:00
Öffnungszeiten der Ausstellung
bis Dienstag, 20. Oktober 2020,
mit Voranmeldung
Veronika Eberhart
Untitled, 16mm, Farbe, 3:22 min., 2020
Tool (one, two three), Buchenholz, Kupfer, Lack, geölt,
dimensions variable, 2020
Ursula Hübner
„Air“ Pastellkreide auf Filz, 2020
„Die Organe der Geister“, Pastellkreide auf Papier,
gerahmt, Serie, 2020
Objects speak, but speak their own language
EINLEITUNG
„But is it what we think the object says that helps us to relate to it? Or is it the meaning that we give to the object ourselves, which provides it with meaning? Or is the meaning of the object to be found between the hands of the person who chose it and gave it to us and ourselves. Voilà une question.“
(La coquille. Gespräch zwischen Issa Samb and Antje Majewski. Dakar 2010)
INNEN/OFFSPACE/TAG
V I T A T. (wiederholt) „Voilà une question.“, eine von vielen, möglichen:-
U T E R. (unterbricht) -Wenn ich versuche hinzuhören ist es ganz still. Kein Wort, nicht mal Meeresrauschen.
V I T A T. Vielleicht müssen wir noch genauer hinsehen. (beide kneifen die Augen) (die verspachtelten Löcher in der Wand hängen neben den kleinformatig gerahmten Kreidezeichnungen.)
V I T A T. Mir war am Anfang noch nicht klar, was das für Objekte sind oder wieso ich sie aufgehoben und dort hin platziert habe. Die Anziehung war plötzlich da und in dem Moment so greifbar wie die Holzlatten, die ich dann mitgenommen habe.
(Der Filmprojektor rattert.)
U T E R. …ohne zu wissen, was sie sind und was ihre Form ausmacht.
V I T A T. Ja. Ohne zu wissen, wofür sie mal gebraucht wurden und was sie mir vielleicht darüber erzählen könnten. (geht kurz raus und überprüft, wieviel Licht durch die Projektionsfläche der Vitrine durchscheint. In den Aufnahmen wird der Schatten einer Hand sichtbar, die die gebogenen Kupferplatten aus Sarajewo von allen Seiten zeigt. Kommt wieder rein.)
Ein anderer Versuch die Dinge besser zu greifen, war, sie aufzunehmen und aus ihrem Kontext gelöst neu betrachten zu können. (Drei Holzzwingen aus einer stillgelegten Werkstatt, hängen geschliffen, lackiert und geölt, über den Abdrücken eines früheren Kastens, an der Wand des Ausstellungsraums.
Die Spannung der Zwingen, die verwendet wird, um Einzelteile zu verbinden, hat sich auf die kupfernen Abstandhalter verlagert, die warmes Licht zwischen Holz und Wand reflektieren.)
U T E R. (in Gedanken versunken) Vielleicht haben sie auch so genug erzählt. (die Pastellkreide haftet verwaschen unter den dünnen Strichen.)
V I T A T. Mittlerweile sind sie mir beinahe nah. (Der Filmprojektor ist leiser geworden unter dem Ein- und Austreten der Besucher*innen, arbeitet aber genauso weiter.) Es fühlt sich an
als würde ich sie kennen. Als hätte ich mal mit ihnen gelebt. Als würden wir uns über die Vergangenheit unterhalten. Zu ihrer Sprache kommt meine eigene hinzu. Oder neben dran. Ich will ja auch nicht alles alleine sagen. Kann ich gar nicht. Wer kann das schon.
U T E R. Mir war am Anfang noch nicht klar, was die gezeichneten Linien zusammen ergeben würden. Dann wurden sie zu einer Serie. (Dort, wo die wolkig aufgetragenen Pastellfarben dem Bildträger Platz lassen, wird das Material Teil des Motivs. Dort wird Filz zum zweidimensionalen Raum.)
Ich denke sie könnten die Substanz von etwas Vergangenem sein, die Anwesenheit von etwas Abwesendem.
V I T A T. Eine Filzfabrik verpackt in ein Rechteck? Reduziert auf ein unveränderliches Volumen, auf einen ewigen Kreis, das Skelett eines Dings? (schaut aus der Vitrine auf die Straße. Eine Passantin mit roten Haaren kratzt sich beim Vorbeigehen am Arm.)
U T E R. (zu sich) Es könnten die allerersten Eindrücke sein, die wir als Kinder haben. Wir reproduzieren sie und arbeiten uns unser Leben lang an ihnen ab, bis sie zu eigenen Subjektivitäten werden. Dreht sich nicht eigentlich alles um das, was gehört, gesehen, eingenommen werden möchte? (grinst)
(Der nicht mehr lieferbare, industriell hergestellte Filz schluckt die Geräusche.)
V I T A T. – „Voilà une question.“, eine von vielen, möglichen. (Die Reste einer Tätigkeit, eines Handwerks, hängen zwischen Körper und Material. Der Leim haftet am stärksten an den abgenutzten Stellen.)
U T E R. Manchmal pack ich’s auch gar nicht, hinzuhören, manchmal ist es zu laut in meinem Kopf.
Soll ich erzählen, was-
V I T A T. – Psst! Es könnte etwas wegnehmen.
U T E R. Vielleicht auch hinzufügen, es wird schließlich ausgestellt.
V I T A T. Aber als was? Ist nie die Frage.
U T E R. Als die Organe einer toten Katze, zum Beispiel.
Text: Gianna Virginia Prein, frei nach einem Gespräch mit
Veronika Eberhart und Ursula Hübner im Size Matters Wien (2020).